Die Pandemie und ihre Folgen für die Wirtschaft im Hamburger Süden
Nach dem Schock Ideen für die Zeit danach

Noch hat Covid-19 die Welt Griff. Mit zunehmender Impfquote steigt jedoch in Deutschland die Hoffnung, in absehbarer Zeit wieder ein halbwegs normales Leben führen zu können. Für eine Entwarnung ist es noch zu früh, aber es ist Zeit Bilanz zu ziehen. Welche Schäden hat die Pandemie im Hamburger Süden angerichtet? Wie haben die Unternehmen auf Lockdown und Prognosen ohne verbindliche Zeitangaben reagiert?
Der Wirtschaftsverein hat sich mit einer Umfrage in den unterschiedlichsten Branchen einen Überblick verschafft. Die Erkenntnis: Die Schäden sind oft geringer als befürchtet. Vor allem aber haben die Unternehmen nicht einfach stillgehalten und abgewartet, stattdessen haben sie Ideen entwickelt, um künftig gegen unerwartete existenzielle Herausforderungen besser gewappnet zu sein.
Privathotel Lindtner: nur noch 15 Prozent Umsatz
Wie zu erwarten war, hat es die Hotelbranche besonders hart getroffen. Das staatlich verordnete Aus für das Tagungs- und Veranstaltungsgeschäft hat zwei Drittel aller Betriebe in finanzielle Schwierigkeiten gebracht, da auch die Wirtschaftshilfen nur schleppend ausgezahlt worden sind. „Im Privathotel Lindtner sind die Umsätze auf 15 Prozent des normalen Durchschnitts der letzten Jahre zusammengeschrumpft“, sagt Hoteldirektor Ulf Huwald. Noch 2019 habe es bei Lindtner knapp 1500 Veranstaltungen und mehr als 20.000 Übernachtungen gegeben.

Ulf Huwald, Hoteldirektor Privathotel Lindtner
Huwald: „Unser Team hat sich aber schon auf die künftige Situation im Tagungs- und Veranstaltungsmarkt eingestellt.“ So seien für alle Veranstaltungsräume und Restaurants UV-C-Luftreinigungsgeräte angeschafft worden, die 99,9 Prozent aller Mikroorganismen und Pathogene einschließlich SARS CoV-2 effektiv deaktivieren. Zudem sei man mit mobilen „Weframe“-Geräten auf Hybrid-Meetings vorbereitet. Schließlich biete das Privathotel Lindtner über einen Partner Reise- und Veranstaltungs-Rücktrittsversicherungen für Familienfeiern, Tagungen und Kongresse mit Einschluss von Corona an.
IMENTAS Immobilienpartner: Trend zum mobilen Arbeiten
Die IMENTAS Immobilienpartner GmbH musste zwar einen Umsatzrückgang von rund 30 Prozent hinnehmen, Geschäftsführer Heinrich Wilke rechnet aber „ab 2022 mit einer Rückkehr annähernd auf das Niveau vor Corona“. Die Nachfrage nach Büroflächen sei auf Grund von Planungsunsicherheiten und einer geringeren Auslastung angemieteter Büros deutlich zurückgegangen. Manche Unternehmen nutzten auch die besondere Situation, um Flächen zu reduzieren oder Mieten nachzuverhandeln.

Heinrich Wilke, Geschäftsführer IMENTAS Immobilienpartner GmbH
Wilke: „Wir gehen davon aus, dass sich der ohnehin vorhandene Trend zum mobilen Arbeiten fortsetzen wird, sei es in den eigenen vier Wänden oder auf wohnortnahen Co-Working-Flächen.“ Allerdings werde dies kaum dazu führen, das Unternehmen signifikant weniger Büroflächen belegen werden. Unternehmen werden sich vielmehr bemühen, den Arbeitsplatz im Büro attraktiver zu gestalten und ihren Mitarbeitenden gute Gründe bieten, diese zu nutzen. Die Flächen für den stationären Büroarbeitsplatz werden wohl zurückgehen, Flächen für Kollaboration, Konzentration und Kommunikation dagegen zunehmen, die Qualität des Büroarbeitsplatzes wird steigen. Wilke: „Die Arbeitszeiten werden noch flexibler werden. Im Gegenzug wird der Anspruch auf einen individuellen und exklusiven Büroarbeitsplatz zurückgehen.“
Das Angebot der Unternehmen, im Home-Office zu arbeiten, werde die Nachfrage nach größeren Wohnungen allerdings kaum steigern. Wilke: „Das wird an den finanziellen Möglichkeiten vieler scheitern, denn Wohnraum wird weiterhin ein knappes und teures Gut sein.“ Es sei auch nicht davon auszugehen, dass es nennenswerte finanzielle Anreize des Arbeitgebers oder des Fiskus für die Einrichtung von nicht zwingend notwendigen Arbeitsplätzen in der eigenen Wohnung geben werde.
Grossmann & Berger: Umsatzrekord während der Pandemie
Nach „kurzer Schockstarre“ habe sich der Markt schnell wieder erholt, stellt Lars Seidel, Geschäftsführer Wohnimmobilien beim Immobilienmakler Grossmann & Berger fest. „Zu Beginn der Pandemie, im Frühjahr 2020, haben wir auf Käufer- und Verkäuferseite eine große Verunsicherung gespürt“, sagt Seidel. „Einige Kaufinteressenten haben den Wunsch nach einem Immobilienkauf auf sicherere Zeiten vertagt. Durch die abwartende Haltung kam es zu Pandemiebeginn vorübergehend zu weniger Kaufabschlüssen und somit zu weniger Umsatz.“ Schließlich sei 2020 sogar ein neuer Umsatzrekord erzielt worden. Dieser Trend setze sich aktuell fort. Die Nachfrage nach Immobilien sei ungebrochen hoch.

Lars Seidel, Geschäftsführer Wohnimmobilien und Kaufmännischer Bereich bei Grossmann & Berger
Nach den Erfahrungen mit der Pandemie rechnet Seidel damit, dass Kunden auch künftig vermehrt auf digitale Angebote wie Facetime- und 360-Grad-Begehungen oder Wohnungsbesichtigungen per Videotelefonie zurückgreifen werden. Viele Eigentümer nutzten außerdem das digitale und kostenlose Immobilienbewertungs-Tool der Website des Maklers. Diese digitalen Angebote bieten eine gute Möglichkeit, sich ohne großen Aufwand einen Eindruck zu verschaffen oder eine erste Einschätzung für den Wert seiner Immobilie zu erhalten. Für eine detaillierte Beratung stehen unsere Immobilienberater den Kunden jederzeit auch persönlich zur Seite. Seidel: „Gerade der Erwerb oder der Verkauf von Wohnimmobilien ist für viele mit Emotionen verbunden. Daher bleibt die persönliche Beratung durch einen Immobilienexperten auch künftig von großer Bedeutung.“
Autohaus S&K: Corona hat den Wandel im Autohandel beschleunigt

Mathias Süchting, Geschäftsführer vom Autohaus S&K
Im Automobilhandel begann die Pandemie ebenfalls mit starker Kaufzurückhaltung. „Wir haben mit Aktionen gegengesteuert und konnten Kunden und Interessenten für unser Autohaus begeistern“, sagt Mathias Süchting, Geschäftsführer vom Autohaus S&K. „Der Kundenservice war bei uns die ganze Zeit geöffnet und konnte bisher ohne nennenswerte Umsatzrückgänge durch die Krise kommen. Im Neuwagenbereich sind wir auf einem sehr guten Niveau im Vergleich zu den Vorkrisenzeiten.“
Eine viel größere Herausforderung sei allerdings die Zukunft des Autohandels. Er sei schon vor Corona im Wandel gewesen. Wie reagieren die Hersteller? Wird alles nur digital abgewickelt? Welches Geschäftsmodell ist in der Zukunft richtig? Süchting: „Corona hat diese Themen beschleunigt.“
Phoenix-Center: Bisher nur vereinzelte Insolvenzen

Julita Hansen, Centermanagerin Phoenix-Center Hamburg-Harburg
Vor ähnlichen Herausforderungen steht der Einzelhandel. Julita Hansen, Centermanagerin des Phoenix-Centers, ist indes optimistisch: „Unsere Kunden konnten fast ein halbes Jahr nicht mehr einkaufen. Aber unsere Befragung zeigt, dass 80 Prozent der Befragten sich auf ein Shopping-Erlebnis im stationären Einzelhandel freuen und wieder im Einzelhandel einkaufen möchten.“ Bereits die wenigen Tage, an denen im Phoenix-Center „Click & Meet“ angeboten wurde, hätten Hoffnung gemacht. Man habe gespürt, dass die Besucher es genießen. Das gelte auch für das Verkaufspersonal.
Dennoch, für den Einzelhandel seien es schwere Zeiten gewesen. Es sei aber nur vereinzelt zu Insolvenzen gekommen – meist im Rahmen der bekannten Insolvenzen bundesweiter Filialisten. Hansen: „Wir hoffen, dass das so bleibt, müssen aber voraussichtlich mit einigen weiteren Insolvenzen im kommenden Jahr rechnen, wenn die Situation sich weiter so schwierig darstellt und die Mieter weiter unter Umsatzausfällen oder -rückgängen zu leiden haben.“
LERDON Steuerberater: Digitalisierung nicht mehr wegzudenken

LERDON Geschäftsleitung
Gut durch die Pandemie sind die Steuerberater des Büros LERDON gekommen. Sie konnten 2020 und 2021 einen positiven Geschäftsverlauf vorweisen – auch wenn das Geschäft wegen Covid-19 „sehr anstrengend und arbeitsintensiv“ sei. In die gesetzlichen Änderungen wie die Überbrückungshilfen I-III oder das Kurzarbeitergeld mussten sich die Mitarbeiter erst einarbeiten. „Dank unserer digitalen Prozesse konnten wir unsere Mitarbeiter problemlos ins Homeoffice schicken und unseren Mandanten weiterhin die fachkompetente Beratung anbieten, die sie von uns gewohnt sind.“, heißt es in einem Statement der LERDON-Geschäftsleitung. „Denn die Digitalisierung ist für uns bereits vor der Pandemie kein Fremdwort gewesen – wir haben sie früh als Chance begriffen.“
Die Pandemie habe in allen Branchen gezeigt, dass die Digitalisierung heutzutage nicht mehr wegzudenken ist. Von der Arbeitnehmerseite aus sei das Arbeiten im Homeoffice kein neuer „New-Work-Lifestyle“ mehr, der nur von den wenigsten Arbeitgebern für ihre Mitarbeiter angeboten wird.
Von der Mandantenseite aus erwartet die LERDON-Geschäftsleitung eine verstärkte Nachfrage nach digitalen Dienstleistungen, sei es die Erstellung der Steuererklärung in „DATEV Meine Steuern“ oder die Buchführung über „DATEV Unternehmen online“. Immer mehr Mandanten würden diese Anwendungen nutzen und diese als Basis für ihre steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Angelegenheiten ansehen. (mag)