Halbzeitbilanz des rot-grünen Senats
Versprochen! Aber auch gehalten?

Halbzeit für die 22. Wahlperiode der Hamburgischen Bürgerschaft: Zeit für eine Bilanz. Was wurde im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen versprochen? Was wurde schon umgesetzt – zum Beispiel bei den Kernthemen Wohnungsbau und Digitalisierung? Und: Liegt die Zukunft Hamburgs wirklich noch im Süden der Stadt?
In jedem Jahr sollen in Hamburg 10.000 Wohnungen genehmigt werden. „Die Wohnungen, die jetzt gebaut werden, sind seit Jahren in Planung gewesen“, sagt Projektentwickler Udo Stein. Erkennbar sei, dass das Aufstellen von Bebauungsplänen, die Bereitstellung von Bauflächen aber auch das Genehmigungsverfahren selbst erheblich zu lange dauerten. Lediglich die großen Bauvorhaben in Neugraben und Fischbek bringen erklägliche Wohnungszahlen. Stein: „Diese Vorhaben sind allerdings schon vor langer Zeit angeschoben worden.“
Die Lage spitze sich auf Grund von veränderten Rahmenbedingungen wie höhere Baupreise, Personalmangel oder gestiegene Zinsen weiter zu. „Somit stellt sich die Frage, wie der Bezirk das Wohnungsangebot spürbar verbessern will“, sagt Stein.
„Eine gute Versorgung mit Breitband und Mobilfunk gehört heute faktisch zur Daseinsvorsorge“, heißt es im Koalitionsvertrag. De facto sehen Betriebe und Forschungsinstitute im Harburger Binnenhafen erheblichen Nachholbedarf bei der digitalen Infrastruktur. „Ich befürchte, das gilt nicht nur für den Harburger Binnenhafen“, sagt Martin Mahn, Geschäftsführer der TUTECH INNOVATION GmbH. „Das Grundangebot ist eher dünn.“
Optimistischer stimmten da die Gespräche mit den Anbietern. Mahn: „Unser Gründungszentrum Startup Port wird beispielsweise von Colt versorgt, die uns auch physisch die Leitung ins Haus gebaut haben – mit einer Bandbreite von 1000 Mbit symmetrisch.“ Das werde auch dringend gebraucht, denn die Startups arbeiteten überwiegend in der Cloud. Auch willy.tel habe beispielsweise gute Angebote. Und bald werde das lokale 5G-Netz des neuen Fraunhofer Centrum für Maritime Logistik und Dienstleistungen (CML) im Binnenhafen in Betrieb gehen.
Das wären ja gute Voraussetzungen, ein für die Region wichtiges Versprechen der Koalition umzusetzen: „Wir wollen Entwicklung und Ausbau der Hamburger Forschungs- und Innovationsparks in Bahrenfeld, Bergedorf, Harburg und Finkenwerder fortführen.“ Ist das auf einem guten Weg?
Martin Mahn: „Über den Innovationspark Bahrenfeld gibt es eine rund 60 Seiten starke Broschüre. Überwiegend über das, was da noch entstehen soll. Über den Innovationspark Harburger Binnenhafen – der bereits ein extrem aktiver Innovations-Standort mit vielen entsprechenden Institutionen ist – gibt es das nicht.“
Das dürfe nicht falsch verstanden werden. Das, was in Bahrenfeld entstehen solle, sei großartig. Aber dabei dürfe eben genau nicht vergessen werden, dass bereits vorhandene Innovations-Hot-Spots auch weiterentwickelt werden müssen. In Teilen passiere dies im Binnenhafen auch. So seien beispielsweise der Hamburg Innovation Port HIP ONE entstanden, das Wachstum der TUHH im zukünftigen „Hafencampus“ sei angestoßen und der Neubau des Fraunhofer Centrums für Maritime Logistik und Dienstleistungen (CML) sei kürzlich eingeweiht.
„Neben dem Binnenhafen als Kern sollte aber das ganze Innovationsquartier von Bostelbek mit dem rundum-verjüngten Tempowerk bis hin zu Neuland mit der nunmehr komprimierten, planierten, aber leeren Entwicklungsfläche einbezogen werden“, sagt Mahn. Für eine zukünftige Weiterentwicklung sei hier noch ganz viel Luft nach oben – und ganz viel Platz.